foto christian ide hintze


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christian ide hintze: biografisches


vincent georg: wiener poesiepionier - text fuer das internet-programm des oesterreichischen kulturinstituts in new york. september 1995
christian ide hintze, 1956 in salzburg geboren, ist einer der erstaunlichsten autoren der erstaunlichen oesterreichischen literaturszene. beinahe nichts, was er tut, entspricht den landlaeufigen vorstellungen, die man sich von eine literaten macht. das beginnt bei den gedicht-zetteln, die er in jungen jahren auf der strasse verteilt hat, setzt sich fort bei den akustischen, visuellen und koerperaktionistischen arbeiten, die er, nach seinem internationalen durchbruch 1983, fuer zahlreiche festivals, radio- und fernsehanstalten realisiert hat, und reicht bis hin zur gruendung von europas erster und einziger literaturakademie, der "schule fuer dichtung in wien", an der seit 1992 groessen wie h.c. artmann, wolfgang bauer, gerhard ruehm, allen ginsberg, andrej bitov, inger christensen, henri chopin oder blixa bargeld unterrichten. dass er zwischendurch auch buecher schreibt, wie das 1987 beim renommierten deutschen kiepenheuer&witsch-verlag erschienene, mittlerweile in mehrere sprachen uebersetzte gedichtebuch "die goldene flut", sei hier nur nebenbei erwaehnt.

hintzes literaturbegriff ist wesentlich gepraegt von den medialen erfahrungen der pop-video- und cd-generation. "ich glaube, dass wir in einer aera des uebergangs leben. vergleichbar etwa jener, die den uebergang von den hieroglyphen zum alphabet geschafft hat. es ist offenkundig, dass das alphabet mehr und mehr seine dominanz als leitcode fuer die kulturelle kommunikation verliert. eine neue kulturschrift ist im entstehen begriffen. eine, die noch nicht kodifiziert ist. eine, die deutlich von audio-, video- und computerelementen gepraegt ist. eine gewisse tendenz zur analphabetisierung ist erkennbar. ein vorgang, der speziell fuer die schrift-steller vom bedeutung ist. ich glaube, dass die poetrymaker der zukunft nicht nur schrift-, sondern auch audio-, video- und computerliteraten sein werden."

eine konsequent-kreative umsetzung von schlechten erfahrungen als jugendlicher? "nach dem, was ich in der schule, speziell im deutschunterricht, gelernt habe, war klar, dass ich jedenfalls nie in meinem leben etwas mit dieser art von schul-literatur zu tun haben werde."

nach absolvierter matura verliess ide hintze das monarchistisch-sozialdemokratisch gepraegte elternhaus und ging auf die strasse. zunaechst, um andere laender kennenzulernen. deutschland, daenemark, norwegen, england, frankreich, spanien, italien. er arbeitete als hendlgriller, kuehlhausarbeiter, schluesselwaerter, reinigungsdiener, schankbursch und zettelverteiler. letzteres entwickelte er nach seiner rueckkehr nach wien, 1974, zu einer eigenen kunsttaetigkeit, die er parallel zu einem studium der kommunikations- und theaterwissenschaften durchfuehrte. er produzierte bis 1979 ingesamt 1,5 millionen zettel, die er vor fussballstadien, konzerthallen, cafˇs, theater- und kinohaeusern verteilte. "mit dem flugzettel hatte ich mir mein eigenes, von niemandem sonst kontrollierbares massenmedium geschaffen. das phaenomen der masse und der kommunikation mit ihr hat mich immer schon fasziniert. ausserdem wollte ich wittgensteins behauptung, wonach sich die bedeutung eines satzes aus seinem gebrauch ergibt, im gebrauch von bedeutung an konkreten menschen erproben." das ergebnis: 3000 briefe, 22 verhaftungen und polizeiliche anzeigen wegen "verschmutzung des fussgeherbereichs" und "stoerung der oeffentlichen ordnung"- und ein netz von kontakten, das bis heute die voraussetzung fuer seine erfolge ist: literarische projekte in kasachstan, vietnam, argentinien, kuba, slowenien und deutschland sind der beste beweis dafuer. im juni und juli 95 wird er - nach absolvierung einer lesereise durch sued- und mittelamerika - auf einladung von allen ginsberg und anne waldman als erster deutschsprachiger autor an der beruehmtesten "poetry school" der welt, der "jack kerouac school of disembodied poetics" in boulder, colorado, eine klasse zum thema "sound poetry - performance poetry" halten.

christian ide hintze: "neuer vagant, schamanischer popsaenger, nachfahre der expressionisten, fitzcaraldo der sprache, tollkuehner ide", wie die sueddeutsche, die neue zuercher oder die zeit ihn abwechselnd nennen?.sicherlich jedenfalls ein lehrbeispiel fuer wienerischen pioniergeist, der auch vor der poesie nicht haltmacht.

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