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internetklasse marlene streeruwitz
BILD.SCHIRM.TEXT / klassische fragen der bildbeschreibung im fluten des mediums

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Matthias Gerberding
15.10.1999

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text: Pixel, Perspektive. Oben eine Holzdecke, die drueckt, links ein Kinderbett mit Decke und Kopfkissen, da, wo das Kind liegen koennte, ist das Bild abgeschnitten. Die Frau bueckt sich, sie dient. Dabei streckt sie ihren Arsch raus, oder ist das der Rock, der die Taille einschnuert und die Figur so rauskommen laesst? Der Stuhl im Vordergund hat auch so eine unnatuerliche Taille, ich hasse diese Stuehle, in denen Dorfschreiner ihre Vorstellungen von Harmonie verewigen, ein wenig schwungvoll muss es ein, mit Loechern am besten, aber nicht zu arg, und aus schoenem, schweren, dunklen Holz, das hundert Jahre haelt und das kein noch so fetter Gast kaputtsitzen kann. Ich hasse das Bild. Das Bild ist schlecht gemalt, ist es ueberhaupt gemalt? Accessoires, Menschen, Schnurrbart, Scheitel, Kragen, Stiernacken bei ihm, Dutt, nackte Oberarme, schlanker Hals bei ihr. Es ist natuerlich deutsch, oder oesterreichisch? Wer hat die Puppe aus dem Bett geworfen? Wem gehoert der Fuss rechts unten? Ein Essen, wem soll das wohl schmecken? Suppe, Griessbrei, Kotze. Was zu trinken, ein Steinkrug. Alkohol, wahrscheinlich, sonst laesst sich das ja nicht aushalten. Eine verkorkste Familie, in der wohl keiner jemals Koks genommen hat. Wo stammt das Bild her? Aus einem Posiealbum? Aus einem Bilderlesebuch fuer Kinder, die noch nicht lesen koennen? Aus einem Lehrbuch, in dem kranke Farben gelehrt werden? Dann gibt es noch ein Fenster, ist das echt? Der Baum vorm Fenster hat Blaetter, also Sommer? Kotzfarben, rosa, dunkelbraun, hellblau, blutrot. bildmotiv streeruwitz Ich schreibe eine Bildbeschreibung, keiner hat mich aufgefordert, ich habe keine Ahnung, wo sie landen wird, ich habe meine email Adresse angegeben, ich bin so brav wie die Leute auf dem Bild, ich verfolge ein seltsames Vergnuegen, das mich von meiner Arbeit ablenkt. Ich glotze das Bild zur rechten dieses Textes und entdecke immer neue Scheusslichkeiten, die in mir die Ueberzeugung naehren, ein Versuchskaninchen zu sein, das mit der Art sich auszudruecken, auf den breiten Bohlen des Fussbodens ausrutschen wird und da landen wird, wo die Stoff-puppe schon liegt und das hilflos zusehen wird, wie Mann und Frau ihr Spiel fortsetzen und vom naechsten im Internet betrachtet werden. Internet, modern, modern, und dann ein Blick in eine Bauernstube, doof, aber wahr. role model heisst es in USA. Demonstrativ laufen diese Idioten in Klamotten aus dem 19. Jahrhundert herum, wie, um allen zu zeigen, seht her, wir sind stehengeblieben, auf dem Land geblieben, zurueckgeblieben, bei uns stimmt's noch im Wohnzimmer.

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Matthias Gerberding	15.10.1999

text:	Pixel, Perspektive. Oben eine Holzdecke, die drueckt, links ein Kinderbett mit Decke und Kopfkissen, da, wo das Kind liegen koennte, ist das Bild abgeschnitten. Die Frau bueckt sich, sie dient. Dabei streckt sie ihren Arsch raus, oder ist das der Rock, der die Taille einschnuert und die Figur so rauskommen laesst? Der Stuhl im Vordergund hat auch so eine unnatuerliche Taille, ich hasse diese Stuehle, in denen Dorfschreiner ihre Vorstellungen von Harmonie verewigen, ein wenig schwungvoll muss es ein, mit Loechern am besten, aber nicht zu arg, und aus schoenem, schweren, dunklen Holz, das hundert Jahre haelt und das kein noch so fetter Gast kaputtsitzen kann. Ich hasse das Bild. Das Bild ist schlecht gemalt, ist es ueberhaupt gemalt? Accessoires, Menschen, Schnurrbart, Scheitel, Kragen, Stiernacken bei ihm, Dutt, nackte Oberarme, schlanker Hals bei ihr. Es ist natuerlich deutsch, oder oesterreichisch? Wer hat die Puppe aus dem Bett geworfen? Wem gehoert der Fuss rechts unten? Ein Essen, wem soll das wohl schmecken? Suppe, Griessbrei, Kotze. Was zu trinken, ein Steinkrug. Alkohol, wahrscheinlich, sonst laesst sich das ja nicht aushalten. Eine verkorkste Familie, in der wohl keiner jemals Koks genommen hat. Wo stammt das Bild her? Aus einem Posiealbum? Aus einem Bilderlesebuch fuer Kinder, die noch nicht lesen koennen? Aus einem Lehrbuch, in dem kranke Farben gelehrt werden? Dann gibt es noch ein Fenster, ist das echt? Der Baum vorm Fenster hat Blaetter, also Sommer? Kotzfarben, rosa, dunkelbraun, hellblau, blutrot.	Ich schreibe eine Bildbeschreibung, keiner hat mich aufgefordert, ich habe keine Ahnung, wo sie landen wird, ich habe meine email Adresse angegeben, ich bin so brav wie die Leute auf dem Bild, ich verfolge ein seltsames Vergnuegen, das mich von meiner Arbeit ablenkt. Ich glotze das Bild zur rechten dieses Textes und entdecke immer neue Scheusslichkeiten, die in mir die Ueberzeugung naehren, ein Versuchskaninchen zu sein, das mit der Art sich auszudruecken, auf den breiten Bohlen des Fussbodens ausrutschen wird und da landen wird, wo die Stoff-puppe schon liegt und das hilflos zusehen wird, wie Mann und Frau ihr Spiel fortsetzen und vom naechsten im Internet betrachtet werden. Internet, modern, modern, und dann ein Blick in eine Bauernstube, doof, aber wahr. role model heisst es in USA. Demonstrativ laufen diese Idioten in Klamotten aus dem 19. Jahrhundert herum, wie, um allen zu zeigen, seht her, wir sind stehengeblieben, auf dem Land geblieben, zurueckgeblieben, bei uns stimmt's noch im Wohnzimmer.
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