logo sfd

.

 

internetklasse marlene streeruwitz
BILD.SCHIRM.TEXT / klassische fragen der bildbeschreibung im fluten des mediums

thema/titel:

dorf '68


autor
autorin:

datum
abgabe:

datum
kommentar:


Alois Eder
22.09.1999
..

text: Auf solchen Holzfußböden haben wir noch gespielt: Schiffböden hat man sie genannt und Murmeln hatten auf ihm keine Chance auf einen geraden Lauf, so stark hatte sich das Profil der Jahresringe durch das ständige Schrubben mit Lauge herausgearbeitet. Wenn wir Kinder über diesen Boden rutschten, konnte es schon sein, daß ein Holzspan in den Hosenboden fuhr, und das häufigste Wehwehchen war ein eingezogener Schiefer in den Fingern ...

Die Tische mit der quadratischen Holzplatte, in die schon Generationen ihre Messerklingen eingegraben haben, die waren damals schon Snob-Appeal, und kaum noch wo in Betrieb, statt dessen die Billigtische mit vier unverbundenen Beinen und Resopalplatten. Und natürlich keine Rede von der phänomenalen Fußleiste. Seither arbeitet offenbar auch kaum jemand mehr so schwer, daß er es als echte Erlösung empfindet, wenn er die Füße auf sowas hochlagern kann. Deine Feinde lege ich dir als Schemel vor deine Füße, heißt es noch in der Bibel: im alten Orient war das also auch schon gefragt.

Von der Wiege auf zwei schaukelnden Kufen hat uns noch der Großvater das Schwankmärchen vom Gespenstern auf dem Dachboden erzählt wie es das oben angefangen habe rhythmisch zu rumpeln: tak-tak, tak-tak, und wie alle erblaßt wären, denn es konnte ja niemand in den Dachboden hinauf, ohne die steile Holztreppe im Vorhaus zu benützen, die im Sommer, bei offener Stubentür stets mit im Blickfeld lag. Und dann habe sich der Großvater des Großvaters ein Herz gefaßt, sei mit einer Laterne hinaufgestiegen, und mit dem halben Körper schon in der Luke, in helles Gelächter ausgebrochen, als sich nämlich im Schein der Laterne zeigte, daß das Geräusch von einer Katze verursacht wurde, die von einer Seite der alten Wiege zur anderen hin und hersprang und diese zum Schaukeln brachte ...

So einen Sessel mit einem Herz in der hölzernen Lehne, Bauernbarock vom Feinsten, haben wir erst vor kurzem in den Sperrmüll gegeben. er war doch zu unbequem.

bildmotiv streeruwitz
Mit dem Fenster stimmt etwas nicht: es ist dreimal zu groß und hat neben einem Rüscherlvorhang auch noch eine neumodische Rouleau: kein Bauernhaus hatte sowas, wenigstens nicht in den Voralpen. Da waren die kleinen Guckerln üblich, die möglichst wenig Wärme aus den Innern entweichen haben lassen. Man ist ja ohnehin mit den Hühnern zu Bett: ein Leben bei Kunstlicht war ja wieder zu teuer. Und tagsüber war man draußen: im Hof, auf der Grädn oder auf dem Feld.

Aber für die hiesige Bauerstube ist auch die Kassettendecke untypisch. ein Pramdecke ja, mit ordentlich roh behauenen Balken, aber selbst das hat man schon im vorigen Jahrhundert verblendet und weiß gekalkt., auch wenn einmal alles Rauchkuchel gewesen sein sollte.

Wenn das im Hintergrund nicht ein Kanapee ist, handelt es sich aber offenbar schon um einen gemauerten Ofen, der er nur noch nicht bis zu Kacheln gebracht hat. Mit der berüchtigten Ofenbank, auf der sich im Winter alles abgespielt hat, von den Reparaturarbeiten der Mannsbilder bis zu den Erzählungen der Märchengroßmütter.
Auch der Zinnkrug auf dem Tisch gehört nicht ins Interieur, weil viel zu teuer, Steingut hats auch getan, schon die bemalte Majolika unserer heutigen Folklore-Geschäfte wäre Luxus gewesen und kein Alletage-Geschirr. Ebenso übrigens der Teller für jeden Esser: der setzt ja eine Abwasch voraus, und Wasser hat man damals noch ins Haus schleppen müssen. Ein Löffel für jeden zum Schöpfen aus der gemeinsamen Schüssel, ein Messer und ein Schneidbrett: mehr hats nicht gebraucht in der guten alten Zeit.

Und ein selbstgestricktes Fatschenkind als Puppe, wie sie hier am Boden liegt, war auch schon das höchste der Gefühle, soweit man den Kindern überhaupt eine Spielphase zugestanden hat. Wahrscheinlich ebensowenig wie den Bildern einen Rahmen oder ein Passepartout, wie man im Hintergrund angeberisch sehen kann. Gehandelt worden sind die billigen, kitschigen Öldrucke, die irgendwann vor hundertzwanzig Jahren die kolorierten Holzschnitte abgelöst haben, jedenfalls ohne. Und diese letzteren hat man ganz einfach an Truhendeckel oder Kastentüren angepappt, die hätten ja ohnehin nicht viel hergemacht an den Wänden. Und wie schon gesagt, die Lichtverhältnisse waren ja auch nicht gerade so, daß man viel Genuß von Bildern gehabt hätte. Usw.

Was fehlt, ist die Pendeluhr.

.
kommentar:


.

 

.
zur web-seite:
(falls vorhanden)


.

zurück